HENNS GESCHMACKSSACHE: ITALIENISCHER NACHWUCHS FüR DAS „MAIBECK“ – MIT DEM NAMEN „OTTO“

Es sagt viel über Jan Maiers Hochachtung für die italienische Küche, dass er es für nötig hielt, sich den Segen bei seinen Freunden vom Stiefel zu holen, ein Restaurant mit ihrer Landesküche zu eröffnen.

Wer Maier jetzt im „Otto für dich“ sieht, spürt, wie richtig diese Eröffnung war. Nie zuvor habe ich den Koch, der zusammen mit Tobias Becker das Sternerestaurant „MaiBeck für dich“ leitet, dermaßen glücklich, ja enthusiastisch erlebt. Auch das „Otto“ ist ein gemeinsames Projekt mit seinem Kompagnon, aber es scheint doch ein wenig mehr Maiers Baby zu sein, der auch vor Ort ist und kocht.

„Vor Ort“ ist in diesem Fall das ehemalige „Prunier Cologne“. Ein wenig umgebaut kommt es weiterhin betont reduziert und stilsicher daher. Zentrum des kleinen Restaurants ist die Theke im vorderen Teil, in der nun auch Speisen zubereitet werden.

Im Maibeck gelten die Pasta-Gerichte seit jeher als legendär, daher wundert das neue Projekt nicht. Zur Begrüßung gibt es erstmal selbstgebackene Grissini und Brot – aber kein Olivenöl. Das Brot ist vor allem zum Aufsaugen der Saucen gedacht, nicht um sich satt zu essen. Die Küche des „Otto“ ist betont leicht, frisch, geradezu animierend.

Nach Jahren der Regionalität kann Maier aus dem Vollen schöpfen

Schon bei den Antipasti wird Maiers Stil klar: eine vier Stunden gegarte Dorade wird gezupft und mit Wildfang-Garnelen, Pinienkernen und Stängelkohl – einem apulischen Wintergemüse – vereint. Wenige, klug ausgewählte Komponenten von sehr guter Qualität, deren Eigengeschmack herausgearbeitet wird.

Das gilt auch für die Kombi selbst eingelegter Sardinen, Büffelmozzarella, Staudensellerie, Mispeln und gelben Tomaten aus Sizilien. Maier genießt es spürbar, nach Jahren der Regionalität im Maibeck bei den Zutaten aus dem Vollen schöpfen zu können. Die „Linguine povera“ – mit Tomaten, Kapern, Pepperoncini und Bröseln – fallen trotz auf den Punkt gegarter Pasta etwas schlicht aus. Die wunderbar fluffigen Gnocchi mit Gorgonzola, Puntarelle und Birne bieten dagegen ein rasantes Spiel von Bitternoten und Säure – zwei Elemente, die sich hier häufiger finden.

Den saftig gegarten wilden Steinbutt serviert Maier auf Linsen, leicht bedeckt mit Rogen, à part gibt es Salsa Verde, und für den Crunch ein Schüsselchen mit knusprigen Zucchini-Kringeln. Der vegetarische Hauptgang bietet gegrillten Spargel auf eingelegten, purpurroten Tropea Zwiebeln mit einer Vinaigrette aus unreifen Tomaten – à part gibt es hier noch einen Spargelsalat.

Auch bei diesem Gericht punktet Maiers saisonale, von Gemüse und Fisch betonte Küche mit Leichtigkeit. Einerseits ist sie klassisch, andererseits durchaus kreativ, mit kleinen und größeren Drehs. Eine Hommage an die Tradition sozusagen, wobei Maier allen Regionalküchen Italiens frönt und teils kombiniert.

Die Säure des Desserts duscht den Gaumen

Beim Dessert mit sizilianischen Blutorangen und Campari meint er es dann einen Hauch zu gut mit der Säure, aber so fühlt sich der Gaumen nach dem Finale wie frisch geduscht an.

Die kleine und von Maier mit Maibeck-Sommelier Sascha Bauer kuratierte Weinkarte beinhaltet nur italienische Kreszenzen. Was ich noch nie beobachten durfte: Gästen, die vor der Tür rauchten und deren Gläser leer wurden, schenkte der aufmerksame Service im Freien nach. La dolce vita!

Fazit: Moderne, unprätentiöse italienische Küche mit klasse Produkten – und das in der Altstadt!

Bewertung: 5 von 6 Sternen

Otto für dich, Am Hof 48, 50667 Köln | Tel. 0221 35921921 | 

Di-Sa 17.30-24 Uhr | www.otto-fuerdich.de

Henns Auswahl

  • La Sera: Abendessen in 6 Etappen, Preis: 89 Euro (inkl. aller Getränke außer Digestif 129 Euro); auch vegetarisch möglich
  • Vorspeisen 9-18 Euro, Hauptspeisen 26-42 Euro, Nachspeisen 5-12 Euro

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